Aktivist*innen von United4Eritrea, Ubuntu Haus, No Border Assembly, Yiakl – Eritreische Bewegung für Gerechtigkeit Berlin-Brandenburg unterstützt von Sea-Watch rufen am
19. November 2021, um 14 Uhr vor dem Auswärtigen Amt, Werderscher Markt 1, Berlin (Bärenbrunnen) über die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland (≈ 15:30 Uhr) zum Bundeskanzler*innenamt (≈ 16:30 Uhr)
zu einer Demonstration auf und fordern die sofortige Evakuierung von Schutzsuchenden aus Libyen in ein sicheres Land der EU und ein Ende der Finanzierung libyscher Milizen durch die EU.
Anfang Oktober 2021 führten die libyschen Behörden Razzien in Vororten von Tripolis durch, in denen Schutzsuchende Zuflucht gefunden hatten. Sie zerstörten ihre Unterkünfte und zwangen mehr als 5000 Menschen auf unbestimmte Zeit gewaltsam in überfüllte Gefangenenlager. Dort sind sie u.a. Folter, sexualisierter Gewalt, Erpressung, Hunger und willkürlichen Erschießungen ausgesetzt. Mehreren Tausenden gelang die Flucht. Im Zuge dieser Fluchtversuche wurden Dutzende von den Wärtern der Gefangenenlager erschossen und hunderten Verwundeten fehlt es an dringender medizinischer Versorgung. Circa 3000 Überlebende der staatlich organisierten Masseninhaftierungen kampieren seither vor dem UNHCR Community Day Center in Tripoli.
Libysche Gefangenenlager sind für ihre massiven Menschenrechtsverletzungen berüchtigt. In einem am 1. Oktober 2021 von der unabhängigen Untersuchungskommission für Libyen des UN-Menschenrechtsrats veröffentlichten Bericht heißt es, dass
„die in den genannten libyschen Gefängnissen begangenen Morde, Folterungen, Inhaftierungen, Vergewaltigungen und das Verschwindenlassen von Personen ein solches Ausmaß und einen solchen Organisationsgrad haben, dass sie an und für sich einem systematischen und weit verbreiteten Angriff auf die Zivilbevölkerung gleichkommen. (…) Einige Kinder werden zusammen mit Erwachsenen festgehalten, wodurch sie einem hohen Risiko des Missbrauchs ausgesetzt sind. Folter (z. B. Elektroschocks) und sexuelle Gewalt (einschließlich Vergewaltigung und Zwangsprostitution) sind weit verbreitet.“
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die in den Gefangenenlagern begangenen
Taten Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Deutschland und der EU sind die Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten in Libyen hinlänglich bekannt, dennoch rüsten sie weiter die libysche Küstenwache auf, die mit lokalen Warlords kooperiert. Allein in der ersten Jahreshälfte 2021 wurden circa 13.000 Schutzsuchende von der libyschen Küstenwache im zentralen Mittelmeer abgefangen und zurück in libysche Gefangenenlager verschleppt.
Dabei könnte diesem Teufelskreis ein Ende gesetzt werden: Mehrere Städte und Gemeinden in Deutschland und Europa haben sich bereit erklärt, Menschen aufzunehmen und ihnen Perspektiven für ein menschenwürdiges Leben zu bieten. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind mitschuldig an den Verbrechen in Libyen und verfügen über genügend Ressourcen und Kapazitäten, um eine sofortige Evakuierung zu gewährleisten! Wir sehen die EU und die deutsche Bundesregierung in der Pflicht, diese gewaltvollen Zustände sofort zu beenden! Angesichts der jüngsten Ereignisse und der seit mehreren Jahren andauernden unzumutbaren Situation haben unsere schutzsuchenden Geschwister in Tripolis beschlossen, sich selbst zu organisieren, um sich Gehör zu verschaffen: Sie fordern in ihren täglichen Protesten die sofortige Evakuierung aus Libyen an einen sicheren Ort.
In einem Statement unserer protestierenden Geschwister in Libyen heißt es außerdem: „Wir fordern die italienischen Behörden und die EU-Mitgliedstaaten, die Gelder nach Libyen fließen lassen, auf, dafür zu sorgen, dass ihre Handlungen und ihr politischer Wille uns nicht schaden und unsere Rechte verletzen. Und dafür zu sorgen, dass die Zwangsabschiebung in die unmenschlichen libyschen Haftanstalten und dann in die Herkunftsländer gestoppt wird. Wir fordern sie außerdem auf, mit den libyschen Behörden zusammenzuarbeiten, um alle Haftzentren in Libyen zu schließen und unsere Brüder und Schwestern freizulassen, die derzeit unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert sind und erpresst, vergewaltigt, gefoltert und getötet werden.” (eigene Übersetzung, Twitter: @RefugeesinLibya).
Lasst uns am Freitag, den 19.11.2021, mit unseren protestierenden Geschwistern in Libyen solidarisieren und ihren Stimmen und Forderungen in Berlin Gehör verschaffen! Kommt zahlreich und fordert gemeinsam mit uns:
• die Evakuierung aller Schutzsuchenden aus Libyen in ein sicheres Land der EU
• die sofortige Einstellung jeglicher Finanzierung und Kooperation der EU mit den menschenverachtenden und mörderischen libyschen Behörden und Milizen
• die Einrichtung eines staatlich finanzierten zivilen Seenotrettungsprogramms und das Ende der Kriminalisierung von zivilen Seenotretter*innen und Menschen auf der Flucht
• die Einrichtung sicherer und legaler Fluchtrouten und ein Ende des tödlichen EU-Grenzregimes von Belarus bis nach Libyen!